Christine Kolb
zog jungen Turmfalken groß
(Vogel des Jahres 2007)
 

"Es macht einfach Spaß mit den Falken unter einem Dach"

HNA (zut), 14.02.2007

Am Computer zeigt Christine Kolb ihren
Kontakt zu einem jungen Turmfalken.

 

BERNDORF. Wenn er mit seinem typischen Rüttelflug nach Beute späht und praktisch in der Luft steht, dann erkennt ihn auch der Laie: den Turmfalken, Vogel des Jahres 2007. Sein lateinischer Name Falco tinnunculus beschreibt ihn. Falco steht für sichelartig spitze Flügel und tinnunculus für den schellend klingenden Ruf.

Laut Robert Jäger vom Naturschutzbund Deutschland, Gruppe Twistetal, ist der Turmfalke in Waldeck-Frankenberg der häufigste Greifvogel. Seine Population schwankt von Jahr zu Jahr, ist abhängig vom Vorkommen des Beutetiers Feldmaus. Da der Turmfalke kein eigenes Nest bauen kann, besetzt er gern alte Krähennester oder Nischen an höheren Gebäuden wie Kirchen oder Feldscheunen. Ursprünglich brütet er in Felsnischen. Jungvögel, die sich ein neues Revier suchen müssen, haben oft Wohnungsnot. Mit speziellen Nistkästen kann man ihnen helfen. So wie Christine Kolb in Berndorf.

Für Greifvögel hat sie sich schon immer interessiert, aber im Winter 1998/99 machte sie die erste direkte Bekanntschaft mit einem Turmfalken. Der überwinterte an ihrem Wohnhaus, und auf den Rat Robert Jägers hin installierte sie einen Kasten am Hausgiebel. Seit 2001 brüten darin Turmfalken.

Vor drei Jahren hatte Christine Kolb das schönste Erlebnis mit ihren Untermietern. Es fing mit einem Schrecken an, denn durch gescheiterte erste Flugversuche saßen plötzlich Jungfalken vor der Haustür. Mittels einer Stange wurden sie vorsichtig wieder zum Nest befördert, aber ein Jüngling fiel wieder runter. Die Vogelmutter brachte die erbeuteten Mäuse jedoch nur zum Kasten, der Kleine am Boden ging leer aus.

 

 

Christine Kolb erkundigte sich bei einem Spezialisten, der ihr wenig Mut machte bezüglich Fütterung durch Menschenhand. Aber sie probierte es mit Rinderhack, und "nach nur fünf Minuten fraß mir das Tier aus der Hand", erzählt sie. Nach einigen Tagen war der damals flügge und machte sich davon.

Seit Mitte Januar ist der Nistkasten wieder besetzt. Voraussichtlich erst ab März wird gebrütet und im Juni der neue Nachwuchs großgezogen sein. Bis zum Wegzug im Herbst sind die Rüttelfalken über den Wiesen am Gewerbegebiet Berndorf meist gut zu beobachten. Zwar machen "ihre" Falken während der Aufzuchtzeit eine Menge Dreck. Gewölle und Ausscheidungen neben der Haustür sind ständig zu beseitigen, aber "wo kann man sonst so nah das Leben der Turmfalken mitbekommen?" fragt Christine Kolb. Mit Mann Michael Klingbeil, Hund Hunter und einigen Katzen ist sie sich einig: "Es macht einfach Spaß mit den Falken unter einem Dach". (zut)

     

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Ein eleganter Jäger: Der Turmfalke ist Vogel des Jahres 2007
 

Der Naturschutzbund (NABU) und der Landesbund für Vogelschutz (LBV), NABU-Partner in Bayern, haben den Turmfalken zum "Vogel des Jahres 2007” gekürt. Der Turmfalke (Falco tinnunculus) ist mit seinen rund 35 Zentimetern Körpergröße und 75 Zentimetern Flügelspannweite ein kleiner Verwandter des ersten Jahresvogels überhaupt, dem 1971 gewählten Wanderfalken.

Im Gegensatz zum damals vom Aussterben bedrohten Wanderfalken ist der Turmfalke kein ganz seltener Vogel. Dennoch gehen die Bestandszahlen langsam, aber stetig zurück.

Man erkennt diese Falken sehr einfach an dem charakteristischen Rüttelflug, mit dem sie aus der Luft nach Mäusen und Insekten Ausschau halten. Hat der Turmfalke eine Maus entdeckt, stößt er einige Meter herunter und rüttelt erneut, bis er mit einem schnellen Sturzflug von fünf bis zehn Metern seine Beute ergreift. Diese typische Art der Nahrungssuche ist nur beim Turmfalken zu beobachten. Wer einmal den Beuteflug des Turmfalken beobachtet hat, stellt fest, dass der Falke immer geschickt verhindert, dass sein Schatten von der Maus gesehen werden kann: Er sucht immer gegen die Sonne, damit der Schatten hinter ihn fällt.

Wie bei allen Falken kann man Männchen und Weibchen durch ihre Größe und Färbung unterscheiden. Das Weibchen ist deutlich größer und braun gefärbt. Die Männchen zeichnen sich durch einen graublauen Kopf und einen rotbraunen Rücken aus.

  Auch wenn der Turmfalke im Wolfhager Land noch fast überall anzutreffen ist, so fehlt es ihm zunehmend an Nistplätzen. Durch Gebäudesanierungen verloren gegangene Brutnischen versuchen die NABU-Gruppen durch spezielle Nistkästen wieder auszugleichen. Auch die Pflanzung von Hecken, Feldgehölzen und Einzelbäumen sowie die Erhaltung von Grünland und Feldrainen tragen dazu bei, diesen eleganten Jäger auch weiterhin bei uns beobachten zu können.

Im Rüttelflug gehen Turmfalken auf Beutejagd.
(Foto: Pixelquelle)

HNA, Otto Reinhard, 14.02.2007