Der Turmfalke ist
Vogel des Jahres 2007

 

 Fleißiger Mäusejäger nimmt gerne Nisthilfen an

Wolfgang Lübcke

Aktuell: Video aus einem Turmfalken-Nest zum Herunterladen
(eineinhalbminütiger Zusammenschnitt der ca. 25-minütigen
Video-Dokumentation unserer Turmfalken-Webcam-Aktion 2002)
Vielen Dank an Mario Hanel aus Wangershausen!

In unserer Kulturlandschaft ist der Turmfalke häufig zu beobachten: die Balzflüge mit lautem Geschrei am Kirchturm, über den Feldern rüttelnde Vögel, die nach einer Maus Ausschau halten, oder im Winter - auffallend häufig - auf Beute wartende Falken auf oft noch jungen Straßenbäumen. Nach dem Mäusebussard ist der Turmfalke bei uns die zweithäufigste Greifvogelart.

Dieser Turmfalke konnte bei Mehlen aus einer Entfernung von nur
drei bis vier Metern beim Fangen von Regenwürmern auf einem
brachliegenden Feld fotografiert werden. Foto: Bastian Meise

Sein Lebensraum stimmt weitgehend mit dem seines Hauptbeutetieres, der Feldmaus, überein. Bemerkenswert ist deshalb eine Beobachtung am 15.5.2006 auf der Quernst mitten im Nationalpark Kellerwald (Lübcke).

Kein Nestbauer

Der Turmfalke brütet auf Kirchtürmen, in verlassenen Krähennestern (u. a. auf Gitter-Strommasten), seltener in verlassenen Elsternestern oder auch in Felsnischen (z.B. an der Zechsteinwand zwischen Affoldern und Lieschensruh). Er gehört nämlich zu den Vogelarten die kein eigenes Nest bauen können. Deshalb fiel die Wahl zum Vogel des Jahres auch auf eine Art, die wir durch das Anbieten von Nisthilfen leicht unterstützen können.

Strommasten gut für Nistkästen geeignet

Gut bewährt hat sich das Anbringen von Nistkästen an Holzmasten von Stromleitungen. Das haben die NABU-Gruppen Hatzfeld, Frankenau und Battenberg erprobt. In Mandern blieb ein nicht mehr benötigter Strommasten auf Initiative des NABU stehen. Ein angebrachter Turmfalkenkasten wurde erst nach etlichen Jahren als Brutplatz angenommen. Die Wahl des Turmfalken zum Vogel des Jahres sollte von unseren NABU-Gruppen zum Anlass genommen werden, die Stromversorger um das Anbringen von Nistkästen zu bitten. Das ermöglicht für beide Seiten einen schönen Beitrag zur Öffentlichkeitsarbeit. Am Ortsrand stehende hohe Häuser eignen sich ebenfalls gut für das Anbringen von Nistkästen (z.B. an der Giebelwand des Boxenlaufstalles Jungermann in Mehlen).

Informationen heimischer Ornithologen

Nistplatzkonkurrenz zwischen Schleiereule und Turmfalke hat Heinrich Schween aus Affoldern beschrieben (VHE 32/2006: 88-90). Hier half das Anbringen eines mit Leisten umrandeten Bretts auf einem Balken unter dem Dach auf der Giebelseite. Dort nistete dann mit Erfolg - abgeschirmt durch ein Sichtschutz-Brett - der Turmfalke.

Die heimischen Turmfalken sind zumindest zum Teil Zugvögel. Der Herbstzug setzt im September ein und erreicht seinen Höhepunkt im Oktober. Das haben Zug-Planbeobachtungen von Falko Emde und Ralf Enderlein ergeben. Wir wissen aber nicht, wo unsere Turmfalken überwintern und woher eventuelle Wintergäste her kommen. Es liegt nur ein Ringfund vor: Am 31.5.1990 wurde ein nestjunger Vogel in Bielefeld beringt, der am 17.2.1991 in Vöhl durch Scheibenanflug ums Leben kam.

Im Winter besetzt der Turmfalke offensichtlich Nahrungsreviere (VHE 8/1982: 80-81). Es fällt auf, dass an bestimmten Stellen von November bis Februar immer wieder Turmfalken zu beobachten sind. Besonders häufig trifft man den Turmfalken in den weniger winterharten Lagen des unteren Edertals an.

Häufig kann man z. B. Turmfalken beim Kröpfen von Feldmäusen auf Weidezaunpfählen beobachten. Auch Regenwürmer fressende Falken konnten beobachtet werden. Herbert Niem beobachtete im Februar, wie ein Turmfalken-Pärchen versuchte, einem Sperber die Beute (Wacholderdrossel) streitig zu machen (VHE 31/2005: 106-107).

Brutbestand stark schwankend

Der Brutbestand des Turmfalken kann - abhängig vom Nahrungsangebot - stark schwanken. Bei Nahrungsmangel kann der Bestand in einigen weniger günstigen Bereichen des Kreises nahezu zusammenbrechen. 2005 war für alle Mäuse fressenden Greifvogel- und Eulenarten ein herausragend gutes Jahr. Das maximale Ergebnis im Rahmen der Brutvogelkartierung ADEBAR ermittelte Philipp Becker im Bereich des MTB 4719/1 Korbach (33 qkm). Bei unvollständiger Erfassung waren es mindestens elf Brutpaare.

Bitte an alle Ornithologen und Naturfreunde:
Die Wahl des Turmfalken zum Vogel des Jahres sollte Anlass sein, im Jahr 2007, möglichst viele Beobachtungen über diese Art zu sammeln:

- Winterdaten mit möglichst genauen Ortsangaben
- Wo gibt es Schwerpunktbereiche im Winter?
- Bis zu welchen Höhenlagen kommen Turmfalken (bei Schnee) vor?
- Sämtliche Brutplätze mit genauen Angaben (s. o.)
- Hinweise zum Bruterfolg

Der Turmfalke eignet sich sicher gut dazu, eine breite Öffentlichkeit um die Meldung von Beobachtungen zu bitten.

 

Text: Wolfgang Lübcke, Foto: Bastian Meise