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Rezension:
Die Stimmen der Vögel Europas
 

Erforschung der Vogelstimmen Europas - ein Lebenswerk

Rezension: Wolfgang Lübcke, 2008

BERGMANN, H.-H., HELB, H.-W. u. S. BAUMANN (2008): Die Stimmen der Vögel Europas. Aula Verlag, Wiebelsheim. 39,95 Euro
ISBN 978-3-89104-710-1


Das bereits 1982 von Hans-Heiner Bergmann und Hans-Wolfgang Helb verfasste und vom BLV-Verlag herausgebrachte Buch „Stimmen der Vögel Europas“ war schon bisher ein unentbehrliches Standardwerk in der Bibliothek eines jeden Ornithologen. Das gilt umso mehr für die Neubearbeitung, die dem Lebenswerk von Professor Bergmann (Bad Arolsen-Mengeringhausen) zu verdanken ist. Er hat an den Universitäten Marburg/Lahn und Osnabrück Verhaltensbiologie und Biologiedidaktik gelehrt und beschäftigt sich seit über vierzig Jahren mit der Biologie der Vogelstimmen. Nahezu 80 Prozent der verwendeten Tonaufnahmen stammen aus seiner Sammlung. Seit 1968 hat er in zahlreichen Gebieten Europas und Nordasiens die Lautäußerungen der Vögel akribisch dokumentiert, wie der Anhang des Buches mit Ort und Zeit der jeweiligen Tonaufnahmen belegt. Die wertvollen Originalaufnahmen sind heute in dem renommierten Britischen Museum in London archiviert.

Die europaweit bedeutende, von den Autoren in dreijähriger Arbeit erbrachte Leistung kann man besonders gut ermessen, wenn man die Neuerscheinung mit dem vor 25 Jahren erschienenen Buch vergleicht.

Schon beim ersten Durchblättern gefällt das moderne Layout, das eine rasche Orientierung ermöglicht. Gesteigert werden konnte die Anzahl der dokumentierten Vogelarten von über 400 Arten. Es sind etwa 2200 Tonaufnahmen ausgewertet und sonagraphiert.

Wichtigste Neuerung ist die dem Buch beigefügte DVD, die in der Regel einen Gesangsauschnitt und einen charakteristischen Ruf der jeweiligen Art bietet. Mit dem gleichzeitigen akustischen Eindruck kann auch der Ungeübte die aus einem reichen Schatz sorgfältig ausgewählten Sonagramme besser nutzen. Dem hohen didaktischen Anspruch der Autoren wird dazu ein Lernprogramm in besonderem Maße gerecht, das man in dem Einleitungsteil des Buches zur Einführung in die Praxis lesen kann oder besser noch mit Hilfe der DVD optisch und akustisch auf sich wirken lassen sollte.

  Die inhaltlich überarbeiteten Artdarstellungen sind folgendermaßen aufgebaut: Zunächst werden kurz und präzise die wichtigsten Kennzeichen der jeweiligen Vogelart dargestellt, im Unterschied zu der früheren Bearbeitung in Verbindung mit einem kleinen, aber charakteristischen Farbfoto. Sodann werden Verbreitung und Lebensraum (diese auch durch Piktogramme veranschaulicht) beschrieben. Die in Form von Sonagrammen wiedergegebenen Lautäußerungen sind nach den drei Kategorien Gesänge, Rufe und Instrumentallaute farblich verschieden unterlegt.

Für den in der Bioakustik nicht so bewanderten Benutzer des Handbuches sind neben den Sonagrammen und den Tonaufnahmen der DVD die treffenden verbalen Beschreibungen der Gesänge, Rufe und - soweit vorhanden - auch Instrumentallaute sehr hilfreich. Dieses Verfahren hat sich seit dem klassischen Exkursionsführer von Alwin Voigt, der 1894 erstmals aufgelegt wurde und 2006 in der 12. Auflage erschienen ist, bewährt und ist auch in einem Buch, das in Verbindung mit der DVD alle modernen Möglichkeiten nutzt, unverzichtbar.

Die Tonbeispiele auf der DVD sind sowohl im Original-Audioformat (WAV) als auch in komprimierter Form (MP3) enthalten. Heute können immer mehr Mobiltelefone MP3 abspielen und es gibt feuerzeuggroße MP3-Player. Da die Mobiltelefone und MP3-Player über grafische Menus verfügen, kann man die MP3-Vogelstimmen-Dateien über den Artnamen direkt anwählen oder suchen lassen.

Dank ihrer eingebauten Lautsprecher kann man die neueren Mobiltelefone inzwischen gut als Klangattrappen benutzen. Man muss dabei jedoch berücksichtigen, dass die Vögel ggf. auf die MP3-Version nicht so gut reagieren, denn mit der Komprimierung der Dateien geht eine für den Menschen fast unhörbare Verschlechterung der Qualität einher. Der Frequenzbereich wird immer mehr beschnitten. Bei der vorliegenden MP3-Datenrate von 320 kBit können diese Effekte allerdings vermieden werden. Zum Umwandeln ist der kostenlose Lame-Encoder zu empfehlen. Dieser beschneidet bei hohen Datenraten den Frequenzbereich kaum. (Für die technischen Hinweise danke ich Markus Grosche.)

Bei geeigneten Geräten erscheinen beim Abspielen der DVD auch die Vogelbilder. Was die technischen Voraussetzungen für eine volle Nutzung der DVD angeht, wünscht man sich entsprechende Hinweise.

Wolfgang Lübcke

Rezension von Wolfgang Lübcke, 2008