Rezension
Ein Orchideen-Sommer - Wildwachsende
Orchideen mitten in Deutschland
 

Edelsteine unter Blumen - edel präsentiert

Rezension: Wolfgang Lübcke, 2007

BARK, Dieter. (2007): Ein Orchideen-Sommer. Wildwachsende Orchideen mitten in Deutschland. Verlag Müller + Busmann KG, Wuppertal, 207 S., ISBN: 3-928766-80-5, 24,80 Euro

Wenn man das neue Orchideenbuch von Dieter Bark zur Hand nimmt, fällt einem schon von der äußeren Aufmachung her spontan das Wort „edel“ ein. Ein Schmuckstück für Menschen, die bibliophile Ausgaben schätzen.



Ein Schmuckstück für jede Büchersammlung

Die kostbare Ausstattung ist zugleich der passende Rahmen für eine Pflanzengruppe, die unter Naturästheten zahlreiche Anhänger hat und die in diesem Buch mit hervorragenden Fotos präsentiert wird.

Nach der Anerkennung, die Dieter Bark (Bad Arolsen) bei Naturfreunden mit seinem Anfang 2006 im selben Verlag und in ähnlicher Aufmachung erschienen Buch „Wildwachsende Orchideen“ gefunden hat, ermunterte ihn sein Herausgeber Carl Richard Montag (Bonn) zu diesem neuen Werk.

In nur einem Sommer sind fast alle Fotos neu entstanden. Den Untertitel kann man im doppelten Sinne verstehen: die Existenz herrlicher Wildpflanzen mitten in Deutschland, zugleich auch die geografische Mitte gemeint: Hessen mit den angrenzenden Gebieten von Westfalen Thüringen und Rheinland-Pfalz. Da kann man sich lebhaft vorstellen, wie intensiv die fotografische Arbeit für Dieter Bark war. Schließlich präsentieren sich die Orchideen nicht immer gleich im geeigneten Blühzustand und im passenden Licht. Wahrlich ein Orchideen-Sommer! Unterstützt wurde Bark vor allem durch den exzellenten Orchideen-Kenner Wolfgang Kind aus Obervellmar, der sich dieser Pflanzengruppe seit vier Jahrzehnten verschrieben hat.



Viele ganzseitige Fotografien bringen die
Schönheit der Orchideen zur Geltung.

Während Bark sich in seinem ersten Buch auf die Arten konzentrierte, die er in Nordhessen und insbesondere in seiner Waldecker Heimat (im Kreis Waldeck-Frankenberg sind 30 Orchideenarten bekannt) fotografierte, ermöglichte der Blick über diesen Raum hinaus 46 Orchideenporträts. So sind das größere Buchformat (22,5 x 30 cm) und der fast doppelte Umfang ein Ergebnis des erweiterten Suchraums. Das größere Format bringt die brillanten Fotos noch besser zur Geltung. Besonders eindrucksvoll sind die ganzseitigen Bilder. Und es bleibt mehr Raum, die Orchideen unter verschiedenen Aspekten zu beleuchten: in größerer Zahl in ihrem Lebensraum, Nahaufnahmen, verschiedene Entwicklungsstadien und Farbvarianten. Bis zu zwölf Fotos einer Art sind jeweils zu bewundern (z. B. bei der Fliegen-Ragwurz).

  Auch die gut verständlichen einführenden Texte in Verbindung mit den Bildunterschriften liefern noch mehr Informationen über Besonderheiten der Blütenökologie, Erklärungen der wissenschaftlichen Namen, charakteristischen Merkmalen, Verbreitung, Habitatansprüchen und Schutzaspekten. Des Öfteren wird das unvergessene Botaniker-Ehepaar Nieschalk erwähnt, das sich um die Erforschung und den Schutz der heimischen Orchideen große Verdienste erworben hat.

Wenn es um den Schutz der Orchideen geht, kann man zwei Strategien verfolgen: Ihre Standorte geheim halten oder die heimischen Naturschätze einem größeren Kreis von Naturfreunden nahe zu bringen und darauf zu vertrauen, dass die „soziale Kontrolle“ Schutz bietet und auch der immer wieder nötige Hinweis auf die Sinnlosigkeit des Ausgrabens von Orchideen, weil sie das in aller Regel nicht überleben. Eine Orchideenart, die häufig Natur zerstörenden „Sammlern“ zum Opfer fällt ist der wunderschöne Frauenschuh. Im Kreis Waldeck-Frankenberg gilt er als ausgestorben.



Frauenschuh, Foto: Dieter Bark

Wolfgang Kind kannte aus den Jahren 1970 bis 1990 in Nordhessen 33 Frauenschuh-Standorte mit etwa 1400 Pflanzen. Bis 2006 waren es nur noch 18 Standorte mit rund 900 Exemplaren. Oft sind es eher Verschlechterungen der Lebensbedingungen und mangelhafte Biotoppflege, die zum Rückgang von Orchideen führen. Die „blühenden Edelsteine“ brauchen menschliche Hilfe. Das möge ein Beispiel zeigen: Nachdem die NABU-Gruppe Twistetal eine magere Wiese übernommen hat, sie nicht mehr gedüngt und im Spätsommer von Schafen beweidet wird, hat sich eine vielblütige Pracht des Dreizähnigen Knabenkrauts entwickelt.



Breitblättrige Fingerwurz, Foto: Dieter Bark

Sicher kann nicht jeder Orchideenstandort veröffentlicht werden, andererseits sollten die Menschen um die Naturschätze ihrer Heimat wissen. In diesem Spannungsfeld ist eine sensible Vorgehensweise gefragt.

Dieter Bark will mit seinem neuen Werk eine möglichst große Schar von Naturfreunden ansprechen, aber auch Fachleute werden über sein Bildmaterial staunen, über eine ganze Reihe sehr seltener Arten wie z. B. die Violette Stendelwurz (Epipactis purpurata) mit ihrer hellgrünen und rosa Farbvariante.

Ohne Zweifel, gegenüber seinem sehr gelungenen ersten Orchideenbuch bietet das neue Werk von Dieter Bark in jeglicher Hinsicht noch eine Steigerung.

Rezension von Wolfgang Lübcke, 2007