Bauernverbandsgeschäftsführer
Dr. Christof Nüsse mit dem NABU-Kreisvorstand im Gespräch - Fazit:
Landwirte und Naturschützer wollen
im Dialog bleiben
VÖHL - HERZHAUSEN (sr). Positive Ansätze für eine Zusammenarbeit von
Naturschützern und Landwirten fanden die Vertreter der NABU-Ortsgruppen
im Landkreis im Gespräch mit dem Geschäftsführer des Waldecker
Kreisbauernverbandes Dr. Christof Nüsse.
„Landwirte und Naturschützer sollten Verbündete sein", mit
diesen Worten eröffnete der stellvertretende NABU-Kreisvorsitzende
Wolfgang Lübcke die Diskussion. Er zählte eine Reihe positiver und
negativer Beispiele häufiger Berührungspunkte zwischen Landwirtschaft
und Naturschutz auf.
„Landschaftspflege"
Zentrales Thema unserer Mittelgebirgsregion sei die Landschaftspflege.
Positive Signale hätten hier das Pilotprojekt Landwirtschaft und
Naturschutz in Frankenau sowie einige Biotopverbundsysteme im Landkreis
gesetzt.
Eine große Chance für beide Interessen sieht Lübcke in der
Ausgestaltung des Naturparks Kellerwald/Edersee. Er schlug als
Modellprojekt einen Landschaftspflegehof in der Kellerwaldregion vor,
der mit touristischen Aspekten verknüpft werden könne.
Landschaftspflege könne für viele Landwirte heute ein wichtiges „Zubrot"
sein, so Lübcke. Achim Frede ergänzte:„In der Symbiose von
Landwirtschaft, Naturschutz und Tourismus liegt die Zukunft der
Region."
Der Vöhler Biologe stellte das Frankenauer Pilotprojekt vor, wo rund 40
Landwirte 220 Einzelparzellen auf 150 Hektar Fläche nach
Vertragsnaturschutzbedingungen bewirtschaften. Sonderbiotope würden
durch die Frankenauer NABU-Gruppe per Hand oder mit vereinseigenen
Weidetieren gepflegt.
„Die Landschaft blüht", sagte Frede und verwies auf die
überregionale Anerkennung. Handlungsbedarf bestehe dagegen bei der
künftigen Projektbetreuung. Die aus EU-Leader-Mitteln finanzierte
Stelle ist ausgelaufen. Auch für die Region Hundsdorf/Armsfeld forderte
Frede ein Landschaftspflegekonzept. NABU-Kreisvorsitzender
Heinz-Günther Schneider ergänzte: „Im oberen Edertal sind in diesem
Jahr so viele Wiesenflächen wie noch nie stehen geblieben, viele
Nebenerwerbslandwirte sind verschwunden."
Kritik an Waldecker Wurst
Christof Nüsse, ehemaliger Landesgeschäftsführer der
Naturlandstiftung, sieht die Zukunft der Landwirtschaft in
leistungsfähigen Vollerwerbsbetrieben. Er forderte Erleichterungen bei
der Baugenehmigung von Ställen und politische Sicherheit für
Förderprogramme.
Nüsse:„Ein Landwirt muss so lange kalkulieren können, wie seine
Investitionen abgeschrieben werden." Zur Entwicklung neuer
Betriebsmodelle bittet er um die Unterstützung der Wissenschaft durch
Vergabe von Diplomarbeiten.
Frede wies auf innovative Projekte in der Rhön hin. Zentrales Thema:
Imagewerbung für heimische Produkte.
Kritik wurde an der Verwendung des Namens „Waldecker Wurst" laut.
Das Fleisch stamme überwiegend aus Polen oder Niedersachsen, nicht aus
der Region. Viele Verarbeitungsbetriebe wie Schlachthäuser, Molkereien
oder Mühlen seien aus der Region verschwunden, bemerkten die
NABU-Vertreter.
Weitere Diskussionsthemen waren die Verwendung der Ausgleichsabgabe, der
Verlust landwirtschaftlicher Flächen durch Straßen- und Wohnungsbau
und die auf Menge ausgerichtete EU-Agrarpolitik.
NABU-Kreisvorsitzender Heinz-Günther Schneider (Laisa) hob hervor, dass
der NABU sich mit seiner Kritik am Entwurf des neuen hessischen
Naturschutzgesetzes möglichst früh in die politische Diskussion habe
einschalten wollen. Dies sei keineswegs ein Affront gegen die heimische
Landwirtschaft. „Wenn der Stand des Naturschutzgesetzes um 20 Jahre
zurückgedreht wird, reagiert man schon etwas allergisch",
ergänzte Lübcke.
Der Vertreter des Bauernverbandes sowie die
NABU-Kreisvorstandsmitglieder zogen am Schluss ein positives Fazit: „Wir
wollen im Dialog bleiben." |