130 Jahre Vogelschutz in Arolsen
Vortrag und Ehrung

Goldene Ehrennadel des NABU für Karl Staiber

HNA, 22.11.2007

BAD AROLSEN. Naturschutz hat in Waldeck eine lange Tradition, und der wahrscheinlich älteste Naturschutzverein Hessens ist die heutige Gruppe Bad Arolsen im Naturschutzbund Deutschland (NABU) unter dem Vorsitz von Karl Staiber. Im November 1877 gründeten 76 Männer des gebildeten Mittelstands den Verein für Vogelkunde; Schirmherr war der regierende Fürst Georg Victor zu Waldeck und Pyrmont.

 

Dr. Eckhard Jedicke referierte über 130 Jahre Vogelschutz in Arolsen, Foto Trautmann

 

Karl Staiber (links) nahm die Auszeichnung von NABU-Landesgeschäftsführer Hartmut Mai entgegen
Foto: Trautmann

 

 

 

von links: Wolfgang Lübcke, Karl Staiber und Hartmut Mai, Foto: Frank Seumer

Zum Gratulieren bei der kleinen Feierstunde am Mittwochabend kam darum auch dessen Urenkel Fürst Wittekind. Wolfgang Lübcke, Vorsitzender des NABU Edertal, überbrachte die Grüße des Kreisverbandes und moderierte die Veranstaltung im Bürgerhaus. Ein Grußwort sprachen auch Stadtrat Horst Behle und Lothar Nitsche, 1964/65 Vorsitzender des neu gegründeten Bundes für Vogelschutz in Arolsen.

Den Festvortrag hielt Dr. Eckhard Jedicke zum Thema „130 Jahre Vogelschutz in Arolsen – ein alter Hut?“. Kein alter Hut hieß es am Schluss, sondern heute eine Herausforderung und aktueller denn je. Und ein Teil umfassenden Naturschutzes, der die Menschen besonders anspricht. Jedicke berichtete von der Entwicklung der frühen Vogelschutzvereine zum NABU. Parallel dazu ging es um den Arolser Verein, zu dessen zweckmäßigen Maßnahmen anfangs die „Anlegung von Futterplätzen im Winter, Verfolgung des Raubzeuges und Anzeige von Vogelfrevlern“ gehörten. Nützlichkeitsdenken stand im Vordergrund, und als Hecken bei der damaligen Flurbereinigung beseitigt wurden, erreichte der Verein ein Verbot des Heckenschneidens während der Brutzeit.

In den 60er Jahren ging es unter anderem um die Vogelschutzbetreuung in der Großen Allee und im Neuen-Schloss-Park. Anbringung von Nisthöhlen und deren Kontrolle. Ein Jahrzehnt später rückten der Twistevorstau, Amphibienschutz und Biotopschutz ins Rampenlicht. Als wünschenswert für die Zukunft stellte Jedicke sechs Vorschläge vor. Dabei geht es um die Entschlammung des Twistevorstaus, Naturschutzberatung für die Landwirtschaft, ein Biotopverbundkonzept, Steuerung nachwachsender Rohstoffe, um Fließgewässer-Revitalisierung und Auenschutz sowie Integration des Naturschutzes in Verwaltungshandeln. (zut)


Ehrung Karl Staiber

Einen wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung des Vogel- und Naturschutzes in Bad Arolsen hatte Karl Staiber (89). Den jetzigen Vorsitzenden der NABU-Gruppe bezeichnete NABU-Landesgeschäftsführer Hartmut Mai als ältesten und aktivsten Naturschützer. In den Jahrzehnten seines Wirkens habe er als Mann der Tat den Naturschutz durch Sachkenntnis, Beharrlichkeit, Mut und Optimismus voran gebracht.

Von Staibers unzähligen Aktivitäten zählte Mai nur einige auf: den Einsatz für den Twisteseevorstau, wissenschaftliche Vogelbeobachtungen und Auswertungen, den Amphibienschutz sowie unendlich viele „Telefonate mit Behörden aller Art“. Zudem habe Staiber seine Begeisterung und sein Wissen an Jüngere weitergegeben. Als Anerkennung für seine Leistungen um Mensch und Natur überreichte Mai ihm die Goldene Ehrennadel samt Urkunde des Naturschutzbundes Deutschland sowie ein Buchgeschenk.

Obwohl die Ehrung eine Überraschung war, nahm Staiber sie fast gelassen hin. Mit Blick auf die Urkunde sagte er zur HNA: „Davon hab ich schon 20 Stück zu Hause“. Je älter er werde, desto mehr Auszeichnungen sammelten sich eben an.

Eine heitere Geschichte erzählte Wolfgang Lübcke: Am kalten Gründonnerstag 1996 war Karl Staiber zwecks Regulierung auf ein Wehr geklettert, rutschte aus und fiel ins Wasser. Bei einer Wassertemperatur von nur vier Grad musste Staiber 25 Meter weit bis ans Ufer schwimmen. Einem dort sehr verwunderten Ehepaar erklärte er: „Nach 20 Jahren werde ich doch wohl mal wieder ein Bad nehmen dürfen!“ (zut)

 

WLZ: 22.11.2007

Vogelschutzgruppe besteht seit 130 Jahren in Arolsen
- Mit offenen Augen durch die Natur


BAD AROLSEN (sim).„Vogelschutz ist kein alter Hut, sondern eine Herausforderung aktueller denn je“, lautete das Fazit, das Dr. Eckhard Jedicke bei seinem Vortrag„ 130Jahre Vogelschutz in Arolsen“ zog. Im Rahmen der Jubiläumsveranstaltung wurde der Vorsitzende der NABU-Gruppe Bad Arolsen, Karl Staiber, für sein langjähriges Engagement mit der goldenen Ehrennadel des Naturschutzbundes Deutschland ausgezeichnet.

Seit mehr als vierzig Jahren setzt sich der Bad Arolser aktiv für die Natur und den Artenschutz ein. Die wissenschaftliche Vogelbeobachtung, für die Karl Staiber bis heute fast täglich im Bereich des Twistevorstaus unterwegs sei und dabei einen „riesigen Datenfundus“ zusammengetragen habe, hob der Landesgeschäftsführer Hartmut Mai vom NABU Hessen ebenso hervor wie Staibers Engagement für den Amphibienschutz.

Der heute 89Jährige sei „ein Mann der Tat“ und einer der ersten, der sich mit den so genannten Krötenzäunen und Durchlässen beschäftigt hat, die jahrelang an der Straße nach Braunsen zu finden waren. Naturkenntnis, Beharrlichkeit und eine große Portion Optimismus bescheinigte Mai dem Vorsitzenden der NABU Gruppe Arolsen, der stets viel von seinem Wissen an Jüngere weitergegeben habe. „Eines kann ich Ihnen versichern: Pensionieren wird Sie der NABU nicht“, versicherte Mai dem Geehrten schmunzelnd. Mais Worten schloss sich der Vorsitzende der NABU Gruppe Edertal, Wolfgang Lübcke, mit Gratulationen des Kreisverbandes an. Der Naturschutz hat eine lange Tradition in Arolsen. Zur Förderung der Vogelkunde, Schutz und Hege der nützlichen Vögel sowie der Pflege des Nutz- und Ziergeflügels war der „Verein für Vogelkunde zu Arolsen“ am 4. November 1877 gegründet worden. Die Schirmherrschaft über den wahrscheinlich ersten Verein hessenweit, der Naturschutzziele verfolgte, hatte Fürst Georg Victor (1831 – 1893) übernommen.

Dessen Urenkel, Wittekind Fürst zu Waldeck und Pyrmont, gratulierte im Rahmen der vom Naturschutzbund und dem Waldeckischen Geschichtsverein ausgerichteten Veranstaltung zum Jubiläum. Seine Worten schlossen sich Stadtrat Horst Behle und Lothar Nitsche an, der 1964 in Arolsen eine Ortsgruppe des Deutschen Bundes für Vogelschutz (DBV) gegründet hatte. Der DBV wurde 1990 dem Naturschutzbund Deutschland eingegliedert. Vogelschutz sei heute Teil eines umfassenden Naturschutzes, betonte Eckhard Jedicke. Erste Anfänge hierzu seien bereits vor hundert Jahren gemacht worden. Damals waren Rabenvögel als „Raubzeug“ verfolgt und „Vogelfrevler“ angezeigt worden. Bereits 1905 wurde auf Initiative des Arolser Vereins der Erlass einer Landespolizeiverordnung erwirkt, der das Heckenschneiden während der Brutzeit verbot.

Auf großes Interesse bei seinen Zuhörern stießen Jedickes Vorschläge zu künftigen Aufgaben des Vogel und Naturschutzes rund um Bad Arolsen. Im Bereich des Twistevorstaus, seit den Siebzigerjahren eines der Schwerpunktgebiete der Arolser Vogelschützer, sieht er weiteren Handlungsbedarf. Eine Entschlammung des Vorstaus sei aus wasserwirtschaftlichen und touristischen Gründen dringend angeraten. Für einen nachhaltigen Erfolg empfahl Jedicke die Verknüpfung mit einem Auenschutzkonzept. Weitere Aufgaben des Vogel und Naturschutzes seien die Revitalisierung von Fließgewässern, eine Naturschutzberatung für die Landwirtschaft sowie die nachhaltige Steuerung nachwachsender Rohstoffe etwa für den geplanten Bioenergiepark auf dem Hagen. Eine Biotop und Artenkartierung, die die Planung miteinander vernetzter Einzelmaßnahmen ermöglichen würde, sowie die „Integration des Naturschutzes in das Verwaltungshandeln“ – Stichwort Laubpuster in der Großen Allee – nannte der Fachmann als weitere wichtige Aufgaben.

Für seinen mehr als 40-jährigen Einsatz für den Natur- und Vogelschutz wurde der
Vorsitzende der NABU-Ortsgruppe Bad Arolsen, Karl Staiber, von Landesgeschäfts-
führer Hartmut Mai (r.) mit der goldenen Ehrennadel des Naturschutzbundes
Deutschland ausgezeichnet. (Foto: sim)

 

Bericht: HNA (Trautmann) 22.11.2007