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Naturschützer kritisieren Ausbaupläne
des Straßenverkehrsamtes Arolsen
- Das Wesetal als Rennstrecke -
 

Gefahr für Wildkatze und Rotwild durch zu schnelles Fahren

WLZ, 16.02.2008

BAD WILDUNGEN/FRANKENAU (su). Die heimischen Naturschützer schlagen im Wesetal Alarm. Es geht um den geplanten Ausbau der Straße zwischen dem Wildunger Ortsteil Frebershausen und Frankenau.

Die Bäume, die der Straße weichen müssen, sind bereits markiert, auch die Trassenführung.
(Foto: su)

Das zuständige Amt für Straßen- und Verkehrswesen in Bad Arolsen hat die ersten Pflöcke für die Arbeiten eingeschlagen. Die Wesetalstraße spielt eine wichtige Rolle bei der Erschließung des Nationalparks für die Besucher, und der Teilabschnitt zwischen Frebershausen und Frankenau ist der letzte noch nicht sanierte und ausgebaute.

Gegen die Sanierung haben die Naturschützer nichts, doch das Wie stört sie gewaltig. Das haben der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND), der Naturschutzbund (NABU), der Verein hessischer Fischer, der Nationalpark-Förderverein und die Hessische Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz gestern in einer gemeinsamen Presseerklärung deutlich gemacht.

Das Amt für Straßen- und Verkehrswesen unterschätze die Auswirkungen seiner Ausbaupläne auf seltene, geschützte Tier- und Pflanzenarten, kritisieren die Verbände. Sie sehen durch die veränderte Streckenführung außerdem das Naturschutzgroßprojekt im Wesetal gefährdet, denn das Bundesamt für Naturschutz könnte die Zusage über Euro-Zuschüsse in Millionenhöhe zurückziehen. Das Großprojekt soll Schätze der Natur und der Kulturlandschaft im Wesetal bewahren und helfen, durch sanften Tourismus auch wirtschaftliche Vorteile daraus zu ziehen.

Das ASV verstoße gegen gesetzliche Vorgaben. Es habe die Folgen des geplanten Ausbaus nur unzureichend auf die Aspekte des Artenschutzes hin untersucht, bemängeln die Naturschützer. Sie sind dagegen, dass Kurven begradigt werden. Außerdem hat das Arolser Amt aus ihrer Sicht im Vorfeld versprochen, die engste Stelle der Strecke zur Verkehrsberuhigung zu nutzen. Das geschehe aber nicht, obwohl diese Stelle mit ihren Felsen einen traditionellen Wildwechsel darstelle.

Hauptsorge der Verbände: Die Autos führen künftig zu schnell und das bedeute eine tödliche Gefahr für Tiere wie das Rotwild oder die Wildkatze, die in den Nationalpark wandern oder aus ihm herauswollen. „Daran würde auch eine Geschwindigkeitsbegrenzung nichts ändern. Wenn die Strecke zum schnellen Fahren einlädt, sehen die Autofahrer nicht ein, dass sie sich an ein Tempolimit halten sollen“, meint beispielsweise Karsten Wittern, Vorsitzender des Nationalpark-Fördervereins.

Der GAU wäre aus Sicht der Naturschützer perfekt, wenn es am Ende nicht einmal zu einem Tempolimit auf der Strecke käme. Grund: Für Edersee-Touristen aus dem Frankfurter und Marburger Raum verkürzt der Weg durchs Wesetal die Anreise um 12 Kilometer. Trotzdem empfehlen Navigationsgeräte sie bislang nicht als schnellste Verbindung, weil auf ihr eine Geschwindigkeitsbegrenzung gilt. Fällt das Limit weg, würde sich das rasch ändern, vermuten die Naturschützer. „Dann kämen wir mit den bislang gezählten 1200 Autos pro Tag nicht mehr hin“, meint Karsten Wittern. Das hätte auch negative Auswirkungen auf die Durchfahrten in den Dörfern, die für eine enorm wachsende Belastung nicht ausgelegt seien. Als Beispiele nennt er die Frebershäuser Brücke und das Straßenpflaster in Gellershausen.

Vom Amt für Straßen- und Verkehrswesen war gestern kurzfristig keine Stellungnahme zu den Vorwürfen zu erhalten. Zuständig für Naturschutzfragen bei dem Projekt ist die Obere Naturschutzbehörde des Regierungspräsidiums Kassel (RP). Dort kann nach Auskunft von RP-Pressesprecher Michael Conrad niemand den Ärger der heimischen Naturschützer nachvollziehen. Die Führung der Straße verändere sich nur geringfügig. „Sie wird lediglich um 60 Zentimeter breiter“, ergänzt Conrad. Die Obere Naturschutzbehörde gehe davon aus, dass später ein Tempolimit gelte. „Außerdem begleitet die Behörde die Bauarbeiten“, fügt der RP-Pressesprecher hinzu.
 

Bericht: WLZ, 16.02.2008